Energiewende in Deutschland: Steigen die Kosten für die Kunden außer Kontrolle?

Die deutschen Kommunen bereiten den Ausstieg aus der Gasversorgung für Zentralheizungen vor. Gleichzeitig will das Bundeswirtschaftsministerium bei der Stromerzeugung stärker auf Gas setzen und fordert dafür von der EU Fördermittel.

Laut einer Umfrage des Verbands kommunaler Unternehmen Deutschlands (VKU) plant jeder fünfte kommunale Versorger (19 %) bis spätestens 2045 die Stilllegung seines Gasnetzes.

Fast die Hälfte der Versorger, 46 %, ist noch unentschlossen, ob sie ihre Netze künftig auf klimafreundliches Gas umstellen oder ganz abschalten wollen.

Nur 8 % haben bisher eine klare Entscheidung getroffen, ihre Netze für Privathaushalte auf grünes Gas umzustellen.

Beim Gasausstieg ist Mannheim besonders ehrgeizig. Nach den Plänen des Versorgers MVV soll das Gasnetz bis 2035 stillgelegt werden.

Augsburg, Hannover und Würzburg planen, ihre Gasversorgung bis 2040 einzustellen. In München und Regensburg sollen die Gasnetze bis spätestens 2045 abgeschaltet werden.

Gleichzeitig kündigte Bundesministerin für Wirtschaft und Energie Katherina Reiche Anfang Mai den Bau von Gaskraftwerken mit einer Gesamtleistung von „mindestens 20 Gigawatt“ an.

Der Bundesplan sieht Gaskraftwerke als Übergangstechnologie mit der Möglichkeit der Umstellung auf Wasserstoff. Ziel ist der Einsatz, wenn Sonne und Wind in Deutschland nicht ausreichend Energie liefern können.

Während auf Bundesebene weiterhin Gas zur Stromerzeugung genutzt wird, werden die Städte auf kommunaler Ebene den Einsatz von Gas zum Heizen reduzieren.

Um die Kraftwerke auch dann am Laufen zu halten, wenn sie nicht genutzt werden, sind EU-Fördermittel notwendig. Doch das Wirtschaftsministerium erhält möglicherweise nicht so viel, wie es erhofft.

Nach inoffiziellen Angaben deuten die Verhandlungen darauf hin, statt 20 eine Leistung von 12 bis 12,5 Gigawatt zu fördern.

Wer trägt die Kosten?

Der Verband kommunaler Energieversorger (VKU) fordert, schnell Planungssicherheit zu schaffen und warnt davor, dass die Kosten für den Netzrückbau am Ende vor allem von den Kunden getragen werden könnten.

VKU-Geschäftsführer Ingbert Liebing sagte der Bild-Zeitung: „Wer im Jahr 2045 nicht mehr mit Gas oder Öl heizen kann, muss sich darauf verlassen können, dass bezahlbare Alternativen verfügbar sind. Spätestens dann müssen Fernwärme, Wärmepumpen oder grüne Gase flächendeckend verfügbar sein.“

Zu den Kunden zählen neben Privathaushalten auch Unternehmen in Deutschland und rund 1,4 Millionen mittelständische Unternehmen sind an das Gasverteilnetz angeschlossen.

Steigende Gas-, Strom- und Materialpreise üben bereits Druck auf die Gewinnmargen dieser Unternehmen aus.

Komplexe Regelungen zu Steuern, Umweltauflagen, Arbeitssicherheit und Energieeffizienz erhöhen den Verwaltungsaufwand und die Kosten. Darüber hinaus setzen internationale Wettbewerber mit niedrigeren Arbeits- und Produktionskosten den Mittelstand unter Preisdruck.

Es zeigt sich deutlich, dass es in Deutschland eine Diskrepanz zwischen den Zielen der Strom- und der Wärmeversorgung gibt, wobei Bund und Kommunen offensichtlich nicht an einem Strang ziehen.