Dass ein Krieg nicht mehr so unwahrscheinlich erscheint wie noch vor einigen Jahren, warnte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in seinem jüngsten Bericht und empfiehlt, die Nahrungsmittelversorgung für drei bis zehn Tage aufrechtzuerhalten.
Zum ersten Mal seit 35 Jahren warnt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) vor Krieg. Die Agentur betont, dass Deutschland zu den sichersten Ländern gehöre, es wurde jedoch ein neuer Leitfaden veröffentlicht, der Ratschläge im Krisenfall geben soll.
Angesichts des fast vierjährigen Krieges Russlands gegen die Ukraine und der vom Kreml weiterhin ausgehenden Bedrohung der europäischen Sicherheit sah sich das BBK veranlasst, seine Empfehlungen konkret zu aktualisieren, nachdem viele Bürger gegenüber der Agentur Bedenken hinsichtlich eines Krieges geäußert hatten.
„Eine gute Vorbereitung lohnt sich immer“, erklärt Ralph Tiesler, Präsident des BBK.
Der neue Leitfaden mit dem Titel „Vorbereitung auf Krisen und Katastrophen“ erklärt, wie man Desinformation erkennt und wo man bei Explosionen oder anderen Angriffen auf städtische Gebiete Schutz findet. Außerdem geht es um den Umgang mit Ängsten und Sorgen in Extremsituationen.
Naturkatastrophen, technische Ausfälle und jetzt … Krieg
Seit der Veröffentlichung des ersten Leitfadens im Jahr 1990 wurden militärische Szenarien in diesen Broschüren nicht mehr erwähnt. Der Schwerpunkt lag größtenteils auf Naturkatastrophen und technischen Ausfällen, wie beispielsweise dem jüngsten Vorfall in Spanien und Portugal im vergangenen April, bei dem eine Störung des Stromnetzes Millionen Menschen auf der Iberischen Halbinsel ohne Strom zurückließ.
Nun werden erstmals auch hybride Bedrohungen konkret erwähnt: Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen, Desinformationsstrategien, Sabotage und Krieg.
„Wir erleben eine globale Situation, die viele beunruhigt“, sagt Tiesler. „Mit unserem neuen Ratgeber wollen wir Unterstützung und Orientierung bieten, wo Menschen Sorgen haben oder Informationen benötigen.“
Die explizite Erwähnung eines möglichen Krieges ist unter anderem auf die Debatte um Wehrpflicht und den Einsatz von Drohnen zurückzuführen.
Doch auch der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Martin Jäger, warnte, dass die Möglichkeit eines Krieges gar nicht so weit hergeholt sei.
„Wir sind bereits in der Schusslinie, man darf nicht nachlassen“, warnte der BND-Präsident, der zuvor als deutscher Botschafter in der Ukraine tätig war.
The European Circle hat den 36-seitigen Leitfaden des BBK überprüft.
Wie realistisch ist es, in einem Mehrpersonenhaushalt auf kleinem Raum einen Vorrat für drei bis zehn Tage anzulegen?
Es geht nicht nur um den verfügbaren Platz; Auch die Kosten können je nach Haushalt und seinen Bedürfnissen ein Hindernis darstellen.
Wie praktisch sind die Tipps zu Platz, Kosten und Haltbarkeit?
Der neue BBK-Krisenratgeber im Test
„Jeder Haushalt sollte darauf vorbereitet sein, drei bis zehn Tage lang autark zu sein“, erläuterte Tiesler.
Er räumte auch ein, dass die Bedingungen nicht für alle Familien, Paare oder Haushalte gleich seien. „Es ist wichtig zu sagen, dass es keine festen Regeln für die Notfallvorsorge gibt, das muss jeder individuell für sich entscheiden.“
Eine Umfrage der Agentur ergab, dass 53 % der Befragten in Deutschland keine Notfallvorbereitungen getroffen hatten.
„Jeder kleine Schritt in der Vorbereitung ist besser als gar keiner“, sagte Tiesler. „Diese vielen kleinen Schritte sorgen dafür, dass man in einer Krise nicht machtlos ist, sondern handeln kann“, fügte er hinzu.
Der Leitfaden versucht, einen Grundstein zu legen, um deutschen Haushalten bei ihrer Notfallvorsorge zu helfen. Der neue Bericht ist mit einer Checkliste ausgestattet, mit der Verbraucher ihre eigenen Vorräte notieren und die Menge berechnen können, die sie in Notsituationen tatsächlich benötigen würden.
Möchte sich eine vierköpfige Familie entsprechend der Zehn-Tage-Vorratsempfehlung optimal vorbereiten, wird schnell klar, dass es nicht nur eine Frage der Kosten, sondern auch des Platzes ist.
Allein Wasser nimmt Platz für acht Kisten ein, dazu 20 große Dosen Gemüse (je 800 Gramm), 12 für Obst, 7-9 Tetrapacks Milch je nach Käsebedarf. Mindestens eine Flasche Öl reicht für einen weiteren Liter, auch Eier und Wurst benötigen Platz.
Neben dem Wasser können Sie mit mindestens einer, wenn nicht sogar mehreren weiteren Abstellflächen rechnen. Abhängig von den Einkaufsmöglichkeiten werden die Kosten voraussichtlich zwischen 200 und 300 Euro betragen.
Die Lösung des BBK bestand darin, eine „lebendige Versorgung“ anzustreben.
Statt Konserven zu horten, sollten diese in einen normalen Verzehrkreislauf integriert werden. Neu gekaufte Produkte rücken in den hinteren Bereich des Regals, ältere mit früherem Verfallsdatum werden zuerst verbraucht.
„Fügen Sie beim nächsten Einkauf noch ein oder zwei zusätzliche Produkte hinzu, etwa Nudeln oder Konserven. Machen Sie das mehrmals, dann haben Sie einen Vorrat für mehrere Tage“, sagte der BBK-Chef.
Es kann auch nicht schaden, in der aktuellen Hausapotheke nachzuschauen, ob wichtige Medikamente für mehrere Tage verfügbar sind oder ob für den Notfall neue Medikamente gekauft werden müssen.
Empfehlenswert ist auch eine Warn-App, um rechtzeitig Informationen einzuholen. Das Bundesamt weist zudem darauf hin, dass der Strom ausfallen kann; in diesem Fall müssen die Informationen auf anderen Wegen eingeholt werden.
Daher sind auch eine Kurbel- oder solarbetriebene Taschenlampe, ein batteriebetriebenes Radio und ein Camping- oder Spirituskocher sinnvoll.